Schein und Sein. Was Du siehst, ist ein Bild von mir.
An dem Tag, als ich meinen Termin in einem Fotostudio hatte, brach in Berlin ein riesiges Unwetter los. Es war das Unwetter, als in Berlin die Kanalisation so voll lief, dass die Wassermassen Gullydeckel aus dem Boden nach oben drückten. Das Fotostudio lag in einer Seitenstraße der Schloßstrasse in Steglitz. Kein Ort, zu dem ich eigentlich mit dem Auto hinfahren würde. Eigentlich. An besagtem Regentag tat ich es aber. Parkplätze gibt es dort selten. Ich fand einen. Durch das Wasser war der Parkplatz ein See. Knöcheltief. Metergroß. Einen Regenschirm hatte ich neben mir auf dem Beifahrersitz geparkt. Ich musste eine Entscheidung treffen.
1) Entweder ich komme trockenen Fußes in den Laden. Dann müsste ich Verrenkungen, Sprünge, Turnübungen vom Auto übers Autodach auf den nassen Bürgersteig machen. Um dem See zu entkommen. Mit Regenschirm über dem Kopf: unmöglich. Ein Bewerbungsfoto sollte es werden, kein Ganzkörperfoto. Auch kein Aktfoto, dann hätten mich nasse Klamotten nicht gestört.
2) Oder ich komme mit aufgespanntem Regenschirm, gestylten Haaren und halbwegs trocken obenrum in den Laden. Dann müsste ich einfach durch den See waten. Mit Schuhen, Socken, Hosen.
Mir fällt gerade auf, dass ich nicht auf die Idee gekommen bin, Hosen, Socken und Schuhe auszuziehen. Egal. Ich wählte die zweite Variante. Und die Fotografin machte Fotos von mir, Portraitfotos. Von den Knien abwärts tropfte ich. Ich habe die ganze Zeit zusammen mit der Fotografin über die Situation gelacht. Dadurch ist dieses strahlende Bild von mir entstanden.